Buchprojekt mit Kindern

Als vor einigen Monaten ein Brief in meinem Briefkasten landete, in dem ich gefragt wurde, ob sich mein kleines Unternehmen im Rahmen der KinderKulturWoche an der 1200-Jahr-Feier von Hechtsheim beteiligen möchte, war ich im ersten Moment verwundert. Kinder zählten bislang eher nicht zu meiner beruflichen Zielgruppe.

Während meiner Tätigkeit als Journalistin hatte und habe ich es meist mit Vertretern aus Industrie, Handel und Politik zu tun.
Auch in meiner Arbeit als Biografin sind es – verständlicherweise – meist ältere Menschen, die sich auf das Abenteuer einlassen, ihre Lebensgeschichte niederschreiben zu lassen. Geschichten aus der Kindheit sind hier zwar ein wichtiger Aspekt, doch sitzt mir im Interview eben ein Erwachsener gegenüber. Und nun wurde ich gefragt, ob ich mich an einem Kinderprojekt beteiligen möchte.

Der Gedanke begann mir zu gefallen und es reifte die Idee, ein für mich eher ungewöhnliches Buchprojekt zu realisieren – ein Buch von Kindern für Kinder. Bücher liegen mir seit jeher am Herzen. Aufgewachsen in der Gutenbergstadt Mainz, habe ich schon als kleines Mädchen während des alljährlich stattfindenden Johannisfestes fasziniert dem Gautschen der frischgebackenen Buchdrucker zugesehen. Auch führte so mancher sonntägliche Familienausflug ins Gutenbergmuseum während die eigene Büchersammlung beständig wuchs.


 

Vor einigen Jahren packte es mich dann, das alte Handwerk der Handbuchbindekunst zu erlernen. Seither sind viele Bücher entstanden. Doch dabei sollte es nicht bleiben. Die in der Buchwerkstatt entstandenen Biografien, die in monatelanger Arbeit liebevoll zu Papier gebracht wurden, sollten nicht – wie andere Bücher – im Regal verstauben. Gemeinsam mit meinem Mann, der ebenfalls sehr viel Spaß daran hat, Neues zu entwickeln und zudem ein begabter Holzhandwerker ist, begann das Experimentieren mit neuen Ideen zur Buchgestaltung.


Unser Ziel war ehrgeizig: wir wollten Bücher neu in Szene setzen, ihnen eine Bühne geben, neue Gestaltungsräume eröffnen. Nach Monaten des Buchbindens, Sägens, Schleifens und Polierens war es so weit, wir hatten eine neue Idee geboren – die Idee des Buchbildes. Dabei wird das Buch in einen handbemalten Rahmen eingelassen und an die Wand gehängt. Das Buch wird so zu einem attraktiven Blickfang – ein Kunstwerk, das den Betrachter zu einem Perspektivenwechsel einlädt.

Und hier war der Anknüpfungspunkt. Zusammen mit Kindern wollten wir ein solches Unikat schaffen und es entstand die Idee „Kinder sehen Hechtsheim“ – das Buchprojekt zur 1200-Jahr-Feier. Vier Wochen lang haben wir zusammen mit 120 Kindergartenkindern und 24 Schulkindern an einem Buchprojekt gearbeitet.


Entstanden sind 144 tolle Werke kleiner Künstler, die erfrischende Einblicke in die Lebenswelt der Hechtsheimer Kinder geben. Die Originale wurden zu einem Buchbild verarbeitet, das in den nächsten Wochen in der Buchhandlung Ruthmann in Hechtsheim bestaunt werden kann und im September während der Winzertage vom Stadionsprecher des 1. FSV Mainz 05, Klaus Hafner, versteigert wird.

Für meinen Mann und mich war dieses Projekt eine Herzensangelegenheit. Vielleicht ist es uns auch ein klein wenig gelungen, unsere Begeisterung für das Medium Buch in Kinderherzen zu schmuggeln. Auf jeden Fall hatten wir jede Menge Spaß. Noch während der Layoutarbeiten des Taschenbuchs, das es nebenbei bemerkt ab sofort für 9,90 Euro in der Hechtsheimer Buchhandlung Ruthmann zu kaufen gibt, haben uns die herrlichen Kommentare der Kinder immer wieder herzhaft lachen lassen, wie z.B. der von Marieke: „Ich habe die Frühlingsschule meiner Schwester gemalt, denn ich will auch Schulkind werden, dann bekomme ich einen Wecker.“ Oder Janas Kommentar:” Da ist eine Schlange, die das Heu auffrisst. Das Heu gehört dem Osterhasen, der hat die Eier im Gras versteckt.”
Aber auch Anrührendes wie der Kommentar von Celine zu ihrem in Trauertönen gemalten Bild zeigen die Nachdenklichkeit und Tiefgründigkeit kindlichen Erlebens: „Ich habe den Laden meines Opas gemalt, damit ich ihn nicht vergesse. Der Laden wurde geschlossen.“

Für uns war es eine wunderschöne Erfahrung und wir möchten uns an dieser Stelle noch mal bei allen Mitwirkenden bedanken, insbesondere bei Tina Werthmann, Leiterin der Kita Heuergrund, die als Projektleiterin alle organisatorischen Fäden in der Hand hielt und die Kommunikation unter den 120 Beteiligten sicher stellte.